„Steh‘ doch einfach auf!“, „Kümmere dich am bestens sofort darum!“, „Stell‘ dich nicht so an!“, „Das wird schon wieder!“ – All diese Ratschläge mögen zwar gut gemeint sein. Menschen mit psychischen Erkrankungen helfen sie aber nicht. Für sie ist eben dieses „einfach aufstehen“ oft schon ein Problem. Wie aber soll man das jemandem erklären, der nicht betroffen ist? Der einfach aufsteht und geht? Und wie soll man Hilfe erwarten von jemandem, der sich nur schwer in diese Lage versetzen kann? Genau hier setzt die Peer-Beratung an.
Ute Rohmert kann nur zu gut nachvollziehen, wie es sich anfühlt, wenn man nicht „funktioniert“. Die alleinerziehende Mutter von drei Kindern litt jahrelang an einer depressiven Störung, fraß „auf gut Deutsch: viel Scheiße!“ Obwohl ihre Erkrankung entsprechend diagnostiziert wurde und sie sich unter anderem in unserem Psychosozialen Gesundheitszentrum (PGZ) Hilfe suchte, traf sie bei anderen immer wieder auf Unverständnis: „Ich hatte keine Narbe, keinen Gips. Nichts, das mich als offensichtlich krank kennzeichnete. Also bekam ich ganz oft zu hören: ‚Beiß‘ halt die Zähne zusammen!‘.“ Und genau das sei das Problem einer psychischen Erkrankung: „Sie ist eine unsichtbare Behinderung.“
„Auf gut Deutsch: Ich habe viel Scheiße gefressen!“
Ute Rohmert litt jahrelang an einer depressiven Störung
Ute Rohmert jedoch kann sie sehen, auch wenn sie heute als austherapiert gilt. Aus diesem Grund entschied sie sich, eine Schulung zur Peer-Beraterin zu machen. Bei der Peer-Beratung handelt es sich um eine Unterstützung auf Augenhöhe – von Betroffenen zu Betroffenen (engl. Peer to Peer). „Nur wer selbst so etwas durchgemacht hat, kann die Probleme auch wirklich nachvollziehen.“ Seit Oktober vergangenen Jahres bietet sie die Peer-Beratung in unserem PGZ an. „Ich empfange die Betroffenen vollkommen unvoreingenommen und höre einfach nur zu. Gleichzeitig weise ich jedoch darauf hin, dass meine Beratung keine Therapie ersetzt und somit keine Dauerlösung ist.“ Vielmehr soll das Angebot Menschen ansprechen, die – unabhängig von einer Diagnose – bisher (noch) nicht an Hilfen angebunden sind oder die die Wartezeit bis zu ihrer Therapie überbrücken müssen. Diese liegt in der Regel bei mindestens einem halben Jahr. „Bei manchen reicht schon der Austausch allein, sie brauchen nach wenigen Treffen keine weitere Unterstützung. Mit anderen bleibe ich in Kontakt, wieder andere vermittele ich in passende Unterstützungsangebote“, sagt Ute Rohmert. „Ich möchte anderen Mut machen, über ihre Erkrankung zu sprechen, sie nicht länger zu überspielen und sich schon gar nicht dafür zu schämen. Eine Depression beispielsweise darf kein Stigma sein. Sie kann jeden treffen. Das sollten wir uns immer wieder bewusst machen.“
Wer das Gespräch mit Peer-Beraterin Ute Rohmert suchen möchte, kann sich gern direkt bei ihr melden und um einen Gesprächstermin (bevorzugt mittwochs) bitten: Mob. 0157 35378971, ute.rohmert@diakoniewerk-oberhausen.de. Alternativ kann man den offenen Treff im Kirchencafé der Friedenskirche gleich neben unserem PGZ besuchen, dieser findet immer dienstags und donnerstags von jeweils 14 bis 17 Uhr statt. Auch dort hat die Peer-Beraterin ein offenes Ohr für Betroffene. Für die Beratung werden weder eine Überweisung/Verordnung noch weitere Unterlagen benötigt. Zudem ist sie kostenlos und unterliegt der Schweigepflicht.
Ute Rohmert bietet übrigens nicht nur die Peer-Beratung an. Sie leitet zudem immer montags eine Kochgruppe. Im Fokus steht hierbei die Geselligkeit; über Probleme wird, wenn überhaupt, nur am Rande gesprochen. Wer Lust hat mitzukochen, kann sich gern vorab im PGZ anmelden. Die Teilnahme kostet 1 Euro.
Weitere Informationen zu den Angeboten in unserem Psychosozialen Gesundheitszentrum finden sich online. Erreichbar ist das Team an der Steinbrinkstraße 158 außerdem unter Tel. 635 870-0 und per E-Mail an pgz@diakoniewerk-oberhausen.de.