Neun-Euro-Ticket: dwo schließt sich Forderung nach günstiger Anschlusslösung an

Es galt deutschlandweit im Nahverkehr und auf allen Strecken und zu allen Bahnhöfen, zu denen auch Fahrkarten des Deutschlandtarifs gelten: das Neun-Euro-Ticket. Beschlossen wurde es am 19. Mai dieses Jahres vom Bundestag – als Teil eines Entlastungspakets für die Bürgerinnen und Bürger. Nur wenige Tage später kam die günstige Monatsfahrkarte in den Handel. Insgesamt, so der Verband der Verkehrsunternehmen, wurden rund 52 Millionen Tickets verkauft: „ein voller Erfolg“ – vor allem für den Geldbeutel, der aufgrund der gestiegenen Energiekosten zurzeit arg strapaziert wird. Ein weiterer Pluspunkt: Weil viele Menschen auf Bus und Bahn umstiegen, konnten in etwa 1,8 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

„Viele unserer Klientinnen und Klienten müssen mit sehr wenig Geld auskommen. Ob ein Ticket vielleicht 70 oder 80 Euro oder nur 9 Euro kostet, macht für sie einen enormen Unterschied“, weiß Torge Riebesell, Sozialarbeiter in unserer Wohnungslosenhilfe. Die meisten seien – unabhängig vom Preis – auf ein Ticket angewiesen: Sie benutzten es, „um ihren Alltag bewältigen zu können: für Behördengänge, den Einkauf, den Arztbesuch, den Besuch der Beratungsstellen oder für die Fahrt von der Unterkunft in die Stadt.“ Andere hätten das Ticket genutzt, um endlich mal wieder die Familie oder Freunde zu besuchen, die weiter weg wohnten. Es hätte sogar Klientinnen und Klienten gegeben, die überhaupt oder seit Langem mal wieder in den Urlaub gefahren wären. „Ohne dieses Ticket? Undenkbar!“

„Wir bedauern sehr, dass das Neun-Euro-Ticket nicht einfach verlängert wurde.“

Torge Riebesell, Sozialarbeiter in der Wohnungslosenhilfe des dwo

Mindestens genauso alt wie die Idee des Neun-Euro-Tickets ist jedoch die Frage nach einem Nachfolger. Denn: Das Angebot war befristet und galt nur für die Monate Juni bis August. Seit dem 1. September gelten wieder die regulären Preise. Zwar gibt es seitens der Parteien im Bundestag verschiedene Vorstöße, auch weiterhin ein vergünstigtes Ticket anbieten zu können. Wie genau das aussehen soll, ist allerdings unklar. „Wir bedauern sehr, dass das Neun-Euro-Ticket nicht einfach verlängert wurde und hoffen auf eine schnelle Entscheidung“, sagt Torge Riebesell.

Geht es nach dem Sozialverband Deutschland könnte das „365-Ticket“ eine günstige Lösung sein. Dieses wäre ein Jahr lang gültig und würde 365 Euro kosten. Auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) fordert eine „dauerhafte Anschlusslösung als soziale Entlastung“. Dieser Forderung schließt sich auch die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe an: „Wir brauchen dringend ein Nachfolge-Angebot für Menschen, die wenig Geld haben“, wird Armutsexpertin Heike Moerland auf der Website der Diakonie RWL zitiert. Denn: Ein günstiges Ticket leiste einen wichtigen Beitrag zur Mobilität von Menschen mit kleinem Einkommen und somit zur sozialen Teilhabe, heißt es in einem gemeinsamen Statement von Diakonie und Caritas im Oldenburger Land.

Angeblich, so ließen es die Nachrichten übers Wochenende verlauten, solle sich die Politik nun doch zügig einig werden. In einer Sitzung der Spitzen der drei Regierungsparteien sprach sich wohl auch die FDP für eine schnelle Entscheidung und einen günstigen Nachfolger aus. Bisher hatte sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eher zurückhaltend geäußert. Nun aber wird sein Partei-Kollege und Bundesverkehrsminister Volker Wissing in der Süddeutschen Zeitung wie folgt zitiert:  „Unser Ziel sollte sein, spätestens zu Beginn des Jahres 2023 ein neues Ticket zu haben.“

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